Luftaufnahme vom Castell del Monte in Apulien

Traumstrände, opulenter Barock und Zipfelmützenhäuser

Ein großartiger Urlaub in Apulien im Herbst

Die erste längere Reise ohne unser Reisemobil! Die Unterkünfte sind vorgebucht und damit der Reiseablauf festgelegt. Werden wir die Unabhängigkeit und Flexibilität, die Sicherheit und den Komfort unseres Heims auf vier Rädern vermissen? Oder werden wir es schätzen, leicht zu reisen? Können wir uns noch einlassen auf wechselnde Unterkünfte und unterschiedliche Gastgeber?

Karte von Apulien
Karte von Apulien© ferienwohnungen.de

Wir sind von Mitte September bis Mitte Oktober im südöstlichen Italien in der Region Apulien unterwegs. Unser erstes Ziel ist die Halbinsel Gargano. Vorsorglich haben wir schon zu Hause über Google-Earth die jeweiligen GPS-Daten unserer Unterkünfte eruiert. Aus Erfahrung wissen wir nämlich, dass die Ausschilderungen in Italien manchmal etwas chaotisch sind.

Monte Sant`Angelo
Monte Sant`Angelo© Klaus Peter Geib

Der Gargano, der Sporn des italienischen Stiefels, gehört eigentlich, geologisch gesehen, zum gegenüber liegenden Kroatien. Für den Reisenden hält er einige Highlights parat: Faszinierende Grotten, idyllische Buchten, weitläufige Strände, bezaubernde Städte und Reste eines alten Hochwaldes, den Forestra Umbra.

Den wollen wir auf einem Tagesausflug durchqueren. Auf steilen Serpentinenstraßen geht es über Monte Sant’Angelo hinauf. Der Ort war über Jahrhunderte ein wichtiges europäisches Pilgerziel. Auch heute kommen noch viele Gläubige in die Grottenkirche, die dem Erzengel Michael gewidmet ist. Schon bald umgibt uns würziger Waldduft. Bei der noch herrschenden Hitze ein angenehm kühler Ort. Durch die dichten Laubkronen der alten Buchen, Eichen und Kastanien regnet es Licht. Viele Picknickplätze laden zur Rast ein. Leider hat sich dort auch allerhand Müll angesammelt, so dass uns die Lust auf eine kleine Wanderung und eine zünftige Brotzeit vergangen ist.

Apulien im Herbst - Felsenbucht bei Vieste
Felsenbucht bei Vieste© Klaus Peter Geib

Die nächsten Tage kombinieren wir jeweils Sightseeing mit Strandfeeling. Unser PKW wird zur Umkleidekabine. Tagsüber Sightseeing in Bermudas, am Nachmittag Schwimmen im Bikini und am Abend Essengehen im Sommerkleid. Wir sind richtig stolz auf unsere Flexibilität und vermissen unser Reisemobil überhaupt nicht.

Saisonende an einem Strand von Vieste in Apulien
Saisonende an einem Strand von Vieste in Apulien© Patricia Bastian-Geib

Auf einem Kreidefelsen thront das malerische Vieste. Mit seinen fabelhaften Panoramen, idyllischen Plätzen und Gassen sowie zahlreichen Geschäften und Restaurants trifft es alle Erwartungen, die man als Tourist an eine süditalienische Stadt hat. In der Nähe gibt es eine Vielzahl weitläufiger Strände und bezaubernder Buchten. Am Ende des kilometerlangen Sandstrandes della Scialara steht das Wahrzeichen der Stadt, ein 28 m hoher weißer Monolith.

Abendstimmung in Vieste
Abendstimmung in Vieste© Klaus Peter Geib

Zwischen Vieste und Peschici sieht man einige sonderbare, von Stahlseilen gehaltene Pfahlbauten. Lange Holzarme ragen weit ins Meer hinaus, dazwischen hängt ein großes Netz. Diese sogenannten Trabucchi ermöglichen den Fischfang bei jedem Wetter. Dabei wird das Netz über Winden herabgelassen. Oft ist dafür das Balancieren auf den über dem Wasser schwebenden Holzmasten erforderlich. Nur noch wenige Männer beherrschen diese Art des Fischens. Viele Trabucchi werden nicht mehr genutzt und verfallen allmählich. Das Trabucco da Mimi in der Nähe von Peschici ist noch voll funktionsfähig. In dem angeschlossenen Restaurant wollen wir uns am Abend verwöhnen lassen.

Trabucco im Abendlicht
Trabucco im Abendlicht© Klaus Peter Geib

Bis dahin besichtigen wir Peschici. Auch diese Bilderbuchstadt liegt auf einem Felsen und ist bezaubernd. Dann geht es zum urigen Trabucco-Restaurant. Für unser Empfinden ist das Essen gemessen an der Qualität überteuert. Doch bei dieser Lokation zählt vor allem die Atmosphäre. Lichterketten, Kerzen, die würzige Salzluft des Meeres, das träge Schwappen der Wellen und eine laue Sommerbrise – romantischer geht es wirklich nicht mehr.

Ein Sightseeing-Muss und absolutes Highlight ist natürlich das Castel del Monte, das auf einem über 500 m hohen Hügel majestätisch thront. Der Staufer Friedrich II. ließ es im 13. Jahrhundert errichten. Ungewöhnlich ist seine achteckige Form. Da Schlossgraben und Verteidigungsanlagen fehlen, wird vermutet, dass der Bau vor allem Repräsentationszwecken diente. Der helle Kalkstein leuchtet in der Sonne und wir sind von der Dimension und Ausstrahlung des Baus beeindruckt.

Castel del Monte
Castel del Monte© Klaus Peter Geib

Trani – wieder ein herausgeputztes Städtchen mit einem bezaubernden Hafen, pittoresken Gassen und einer Kirche, die die „Königin der Kathedralen“ genannt wird. Einst stand Trani in ständigem Wettbewerb mit Bari. Als in der Konkurrenzstadt dann die Gebeine des Heiligen Nikolaus eintrafen, hatte Trani das Nachsehen. Doch das änderte sich schnell, als ein griechischer Pilger, er hieß ebenfalls Nikolaus, mit dem Kreuz auf seinen Schultern auf den Stufen der Kirche zusammenbrach. Schon drei Jahre später wurde er heiliggesprochen. Nun hatte Trani seinen eigenen Heiligen Nikolaus. Ihm zu Ehren wurde die Kathedrale über der bestehenden Kirche gebaut. Sie ist wirklich beeindruckend, nicht zuletzt wegen ihrer Lage direkt am Meer. Sie gilt als Meisterwerk der apulischen Romanik.

Ein Schwätzchen in Ehren ...
Ein Schwätzchen in Ehren …© Klaus Peter Geib

Von Trockenmauern begrenzte Straßen führen durch das liebliche Valle d’Itria: Mandel- und Olivenbäume, Oleander und Bougainvillea. Und eben diese Zipfelmützenhäuser, die keiner europäischen Bautradition zugeordnet werden können und Trullo (Einzahl) genannt werden. Ursprünglich sind sie aus der Not heraus entstanden. Um den Boden überhaupt bearbeiten zu können, mussten die Landwirte nämlich erst einmal die vielen Kalksteine aus der Erde lesen. Sie schichteten sie am Feldrand ohne Mörtel zu Mauern oder zu kegelförmigen Gebäuden auf. Gekrönt wurde das Gewölbe der Häuser von einem Pinnacolo (Spitze) in möglichst ausgefallener Form. Je aufwändiger dieser Schlussstein war, umso mehr Wohlstand wurde der Familie zugeschrieben. Auf die Dächer wurden mit weißer Farbe Schutzzeichen gemalt. Sie werden auch heute noch regelmäßig erneuert, obwohl man deren Bedeutung gar nicht mehr kennt.

Trulli im Morgennebel
Trulli im Morgennebel© Patricia Bastian-Geib

Ein Anwesen setzt sich aus mehreren Trulli zusammen, wobei jedes Trullo einen Raum birgt. Gefördert wurde diese Art des Bauens im 17. Jahrhundert durch den Grafen von Conversano, der die vom Königlichen Hof angeordnete Grundsteuer für fest gemauerte Häuser umgehen wollte. Die Trulli konnten vor einer Inspektion abgerissen und später neu errichtet werden. Auch heute werden sie noch gebaut, allerdings nicht mehr in Trockenbauweise. Oft bilden sie komfortable Ferienanlagen. Auch wir sind in einer solchen untergebracht und sind begeistert.

Die „Trulli-Metropole“ Alberobello ist natürlich ein internationaler Magnet. Auf engstem Raum stehen hier 1.400 Trulli. Deshalb gehört die Stadt auch zum UNESCO-Weltkulturerbe. Der Largo Martellotta trennt die beiden Trulli-Viertel. Im nördlichen findet der Alltag statt, das südliche hat sich ganz auf den Tourismus fokussiert. Andenkenläden, Restaurants, Bars, Aussichtsplattformen. Dazwischen wuseln Menschenmassen. So interessant der Anblick dieses „Trulli-Ballungszentrums“ auch ist, die Stadt ist uns zu überlaufen.

Die Trullistadt Alberobello aus der Luft
Die Trullistadt Alberobello aus der Luft© Klaus Peter Geib

Der gleiche Touristenrummel erwartet uns in Ostuni. Die Città Bianca (Weiße Stadt) ist nicht mehr ganz so weiß. Überall bröckelt der Putz. Trotzdem ist sie mit ihren Terrassen und Innenhöfen eine sehr reizvolle und malerische Stadt. Über steile Treppen, die auch weißgetüncht sind, geht es hinauf in die Altstadt. Aber wir haben heute keinen Blick für das Schöne. Es ist viel zu heiß für uns.

Die weisse Stadt Ostuni
Die weisse Stadt Ostuni© Klaus Peter Geib

Und dann sind wir schon ganz im Süden von Apulien, im Salento, angekommen. Immer an der Küste entlang, über die wenig befahrene Panoramastraße. Bizarre Felsen, malerische Naturpools. Schöne Fotomotive bieten immer wieder die Wachtürme, die im 16. und 17. Jahrhundert zum Schutz vor Osmanen und Seeräubern gebaut wurden. Wir erreichen die sehenswerte Hafenstadt Otranto. Attraktion ist hier die Kathedrale mit ihrem ungewöhnlichen Fußboden. Auf 800 qm sind aus 600.000 Mosaiksteinchen Szenen aus dem Alten Testament und aus antiken Mythen gelegt. In nur zwei Jahren schuf der Mönch Pantaleone dieses Meisterwerk.

Einer der zahlreichen Sarazenentürme an der Küste von Apulien
Einer der zahlreichen Sarazenentürme an der Küste von Apulien© Klaus Peter Geib

Schon unter römischer Herrschaft entwickelte sich Gallipoli zu einem bedeutenden Handelshafen. Einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung erlebte es dann im 17./18. Jahrhundert durch den Handel mit Lampenöl auf der Basis von Olivenöl. Bevor es Petroleum gab, waren nämlich Kerzen und Öllampen die einzigen Lichtquellen. Gallipoli profitierte von einem durch die Spanier gewährten Privileg geringer Steuern auf Lampenöl. Damit konnte Gallipoli das Öl sehr preiswert anbieten und war bald wichtigster Lieferant für das Baltikum, Russland, England und das Osmanische Reich. Die Altstadt Gallipolis liegt auf einer nur durch einen Kanal vom Festland getrennten Insel. Immer entlang der Uferpromenade umrunden wir sie einmal fast komplett, genießen die herrlichen Ausblicke und die beeindruckenden Barockfassaden der Häuser und Kirchen.

Apulien im Herbst - Gallipoli aus der Luft
Gallipoli aus der Luft© Klaus Peter Geib

Endlich mal nicht so heiß! Wir nutzen die moderate Temperatur und machen eine kleine Wanderung durch den gepflegten Parco Naturale Porto Selvaggio am Ionischen Meer. Schön ist es hier. Wald, Hügel, bezaubernde Buchten. Warmer Nieselregen und würziger Pinienduft umgeben uns. Auf dem Parkplatz des Nationalparks machen wir uns frisch und ziehen uns um. Nun sind wir adrett für den Besuch von Porto Cesareo. Dort soll es sehr gute Fischrestaurants geben. Der Ferienort verfügt über einen noch ursprünglichen Fischerei- und einen riesigen Sportboothafen. Im Sommer muss hier wegen der schönen Strände die Hölle los sein. Mancher Tourist vergleicht sie aufgrund ihres weißen Sandes und des klaren Wassers sogar mit der Südsee.

Römisches Amphitheater in Lecce
Römisches Amphitheater in Lecce© Klaus Peter Geib

Lecce – das Highlight des Salento! Die quirlige Universitätsstadt gilt als die apulische Kapitale des Barocks. Und tatsächlich entdecken wir beim Bummel durch die Gassen prächtige Fassaden, Portale und Kirchen. Das Amphitheater im Altstadtzentrum wird im Sommer für Konzerte und Theateraufführungen genutzt. Zur Piazza del Duomo gibt es nur einen Zugang. Dom, Glockenturm, Bischofspalast und Predigerseminar umrahmen den Platz. Rundum opulenter Barock. Vor einer Werkstatt in der Nähe des Doms arbeitet ein Handwerker mit einem Heißluftgerät an einer lebensgroßen Heiligenfigur. Auf den ersten Blick glaubt man, sie sei aus Holz geschnitzt, klopft man dagegen, merkt man, dass sie aus Pappmaché gefertigt ist. Die Kunst der „Cartapesta“ wird in Lecce seit Jahrhunderten gepflegt. Sogar Kirchendecken wurden so gestaltet.

Und dann sind wir plötzlich satt. Mit prall gefülltem Kopf und Herz wollen wir einfach nur noch nach Hause.

Fazit zu Apulien im Herbst

Malerische Altstädte, imposante Bauwerke, schöne Strände, gutes Essen, freundliche Menschen – wir haben Apulien genossen. Positiv überrascht hat uns der hohe Standard der Gästehäuser und deren gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die neue Art zu reisen gefällt uns also gut und die Veränderung hat uns Spaß gemacht.

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